Über 400000 Leute auf den Straßen New York und wir waren dabei! Ein Weltklima-Gipfel zum Hundertsten Male, Hoffnungslosigkeit verbreitend und daneben die Mobilisierung aller, die wirklich die Welt verändern wollen, die Lösungen anbieten, die mit Lust und Humor auf die Straße gehen.
„Müssen wir die Welt retten?“ Lautet die Frage von Anton, der damit rechtfertigt, dass er eben doch allen Müll auf Brooklyns Straßen untersuchen darf. Überall lassen sich Schätze finden!
Schätze auch auf dieser Demo, gelöste, emotionale Gesichter, Menschen, die liebevollste Kostüme, Transparente, bunte Ideen vorbereitet haben, weltweit mobilisieren. Weltweit wollen Menschen Change, Veränderung, Wechsel und fordern Konkretes.
Ganz konkret auch für uns in Hamburg: In der Nähe ist Fracking in Planung, gegen Fracking sehen wir viele Fahnen und Plakate. Für sauberen Strom, für die Rettung der Meere, bessere Luft, gegen Gift in der Landwirtschaft und im Essen, für ein menschlicheres Zusammenleben mit mehr „Care“ und weniger Profitdenken.
„Care“ ist mir schon am 1. Mai dieses Jahres in Freiburg begegnet: Wertschätzung für die Arbeit, die meistens Frauen erledigen: Sich kümmern. Um Familien, Kinder, Alte, Häuser, Gärten, Tiere. Um Beziehungen. Wie wichtig „Care“ ist, wie maßgeblich für ein gutes Leben, das ist fühlbar jeden Tag. Mitgefühl, Sorge, sich kümmern, pflegen. Wertschätzung dafür, das tut gut. Bessere Bezahlung für diese Bereiche noch besser. Aufgeregt laufen wir mit vielen anderen durch die Straßen. Anton springt wie ein Flummi herum: „Ich bin aufgeregt bis zum nächsten Geburtstag.“
World Climate March – kreativer Protest
Die Demo hat vor allem Spaß gemacht. Allen aus der Familie. Es war schön, Anton vorher zu erklären, warum wir dorthin gehen wollen. Warum die S-Bahnen voller Plakate sind und warum „die-Welt-retten“ erstens wichtig und zweitens einfach schön ist. Kinderfragen sind der direkte Weg zum Herzen. Wenn du kindgerecht erklärst, kommen dir die Tränen. Du musst vorsichtig sein, nicht zu ernst zu werden und keine Angst zu verbreiten. Aber es sind nun mal schwere Themen. Die Kinder verstehen. Und daneben gibt es das Gute, das Rettende, die vielen Menschen, die Lösungen leben und fröhlich dabei sind.
Das war vielleicht das Bewegendste: Das Fröhliche. Das Quietschlebendige und Bunte. Das ungeheuerlich Kreative. Nix bierernste Demonstration, sondern Spaß dabei, und wie. Kein Grund, nicht dabei sein zu wollen. Die Kinder mochten vor allem die Musik. Trommeln haben Anton schon immer begeistert, ich hob ihn auf ein Auto und er tanzte, zum Applaus der Umstehenden.
Augenblicke, die wir nie vergessen werden. Die Sambatruppe, laut und schön und Theo friedlich schlafend, es war schließlich Mittagsschlafzeit. Ein wenig bange war uns kurz vor eins, erst eine Schweigeminute und dann ein Aufweckungschrei aus 400000 Kehlen. Klar, Theo erwachte. Seine Worte, mit glücklichen Augen: „Iijaner!“ Indianer. Na klar. Die waren auch dabei. Dann schlief er wieder ein. Irgendwann wach lief er mit Anton unter den getragenen Fahnen, auf der die Weltkugel als Ball hindurch rollte, die Demo so langsam, dass auch er mitlaufen konnte.
Polizei war kaum zu sehen, alles war friedlich, wir sahen viele Eltern mit Kindern, viele Alte. Mit Stock. Trotz allem dabei. Das war alles sehr berührend. Bunte alte Damen wurden in geschmückten Fahrradrikschas gefahren, mit Blumenhüten und Slogan-Buttons darauf.
Sehr beeindruckend waren die Theatergruppen. Sie kamen auf Stelzen, mit riesigen Figuren und bunten Kostümen. Grausige Skelette symbolisierten das Gift, kaum auszuhalten war das, die Masse an Schwarz und Tod. Anton war begeistert, Geister und Spiderman sind gerade sehr angesagt. Theo riss die Augen auf, als der Tod besiegt wurde und sich große bunte Schmetterlinge über das Grauen erhoben. Geschrei gab es nur, als wir beschlossen, zu gehen, nach vielen vielen Stunden, und die Brass-Bands – wunderbar laut – die Kinder begeisterten. Theo hat schon immer nach lauter Musik verlangt. Geweint hat er als kleines Baby, wenn ich leiser drehte. Also: laute Demo, gar kein Problem. Und es gibt ja Oropax. Sogar in Amerika. Wo wir erlebten, wieviel Spaß bunter Protest machen kann.
- Höhenrausch und Salzkristalle – Wüstenglück in der Atacama - 10. Februar 2016
- Aug in Aug mit einem Wal – Unser Tag im Humboldt-Nationalpark - 15. Januar 2016
- Unser Advent in Chile: Ein Anden-Dorf feiert das HOMA-Ritual - 31. Dezember 2015