Die prächtige Stadt La Serena liegt neben ihrer armen Schwester Coquimbo – die wir vor ein paar Wochen besuchten – an der Küste Chiles. Von dort aus sind es nur 120 km bis zum 800 Hektar großen Humboldt-Nationalpark, auf dessen Inseln eine große Kolonie der berühmten gleichnamigen Pinguine lebt, eine riesige Vielfalt von Meeresvögeln und viele Seehunde. Der kalte Humboldt-Meeresstrom beschert den Tieren ein reiches Nahrungsangebot und wir lieben, wer davon besonders profitiert: Delfine und Wale. Sie sind auf der Durchreise zum Südpol. Von Dezember bis März kannst du Glück haben.
Wir haben Dezember und Glück haben wir in jedem Fall mit der tollen Unterkunft: dem Hostal El Punto.Es ist bunt, sauber und hat einen kindersicheren, bildhübschen und heute vom Vollmond verzauberten Innenhof. Die Besitzer pflegen Kontakte zu öko-touristischen Reiseveranstaltern und so kann es gleich am nächsten Tag losgehen. Ob wir das Glück haben, morgen Wale zu sehen?
Ein Biologe begleitet uns ab La Serena. Mit uns fährt ein netter Schweizer. Auch er ist seit einem viertel Jahr unterwegs, er war sogar in den Hoch-Anden und hat in Bolivien im Schnee gezeltet. Die Fahrt durch die trockener, rot-violette Wüstenlandschaft vergeht plaudernd wie im Fluge. Die Kinder kaspern. Plötzlich Aufregung: Ein Wüstenfuchs! Und immer wieder halten wir, weil wilde Alpakas – Vicunas – und Esel auf der Straße stehen.
Angekommen schläft Theo auf dem wirklich kleinen Schlauchboot sofort ein und erwacht auch nicht durch kleine Schreie des Entzückens: Auf den vielen Felsen liegen überall Seehunde! Sie sonnen sich, sie planschen, spielen. Neu geborene Jungen, ganz nah und sehr neugierig. Naturschutzorganisationen und die Regierung sorgen dafür, dass nicht zu viele Touristen hier sind, Besuchszeit gibt es nur wenige Stunden am Tag.
Auf den kleinen Inseln watscheln Pinguine umher, kaum zu glauben, dass diese scheinbar tolpatschigen Wesen klettern können, aber genau das tun sie hier, sehr gekonnt. Sie haben ihre Nester ganz oben in versteckten Felsnischen, gut geschützt vor räuberischen Vögeln und hungrigen Seehunden.
Der Biologe macht uns auf ein Phänomen aufmerksam. Mitten auf dem Meer schwimmen viele kleine Vögel, ein ganzer Schwarm. So weit draußen kann das ein Hinweis darauf sein, dass dort unten ein Wal ist. Die Vögel fressen den aufgewühlten Krill. Vielleicht haben wir Glück. Der Motor wird ausgestellt. Wir warten gespannt. Keiner spricht. Dort! Ja! Ein Wal. Und was für einer! Riesig. Ein kollektives Stöhnen raunt durch das Boot, als der glatte wunderschöne Walrücken sich elegant biegt und wieder eintaucht. Es sind mehrere, sie umkreisen uns. Ein seltsames Gefühl, so klein zu sein, in einem winzigen Boot neben einem Wal. Und dann: Ein Meeresgigant direkt am Bootsrand! Nur eine Armeslänge entfernt. Unvergesslich.
Ob die Kinder unserer Kinder auch noch Wale beobachten werden können? Immer wieder traurig sind die Schlagzeilen über gestrandete Wale. Sie orientieren sich per Echolot, sie sind überfordert mit der Lautstärke, die heutzutage in den Ozeanen herrscht. Die in jeder Hinsicht umweltschädlichen Kreuzfahrtreisen sind leider so normal geworden wie Busverbindungen und der Welthandel spielt sich auf unseren Meeren ab. Wieder einmal mehr ein Grund, regionale und saisonale Produkte zu kaufen.
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