Chilenische Taschendiebe und peruanische Köche – der erste Tag in Santiago

Wir kommen völlig abgerockt in Chile an. Von Los Angeles kommend liegt ein 16-Stunden-Flug hinter uns – und unser erstes Business-upgrade. Ha! Wir durften nach der Zwischenlandung in Panama Kuschelsitze, Drinks und erste-Klasse-Service genießen. Ein Nachtflug im Luxus. Dachten wir. Doch Anton hatte Wachstumsschmerzen in den Beinen – das kommt ab und zu vor – und schrie. Theo hatte einen Alptraum – und schrie. Halleluja! Das passiert selten und schon gar nicht beides auf eimal, aber es muss natürlich unbedingt in dieser Nacht sein. Schlafen blieb für Petra ein irrer Traum  – und eins ist sicher: Wir werden wohl niemals mehr upgegraded.

Jetzt freuen uns erst einmal auf unseren Couchsurfing-Gastgeber, der ein sympathisches Couchsurfing-Profil hat und sehr gute Bewertungen. Auf dem Foto trägt er eine Clownsnase. Clowns findest du in Chile einfach überall, in den Parks gibt es richtig gute Shows, auf den Straßenkreuzungen wird bei Rot gespaßt oder Akrobatik gezeigt und in den Stadtbussen steigt regelmäßig ein Clown zu, der eine Mischung aus Satire und Comedy zum Besten gibt. Manchmal werden auch Gedichte verteilt, alles gegen eine kleine Spende.

Leider werden wir versetzt. Mist. Schon wieder. Was nun? Erst mal in Richtung Innenstadt. Der Taxifahrer, der offensichtlich spät dran ist, setzt uns an einer Tankstelle ab. Das wäre ja schon fast die Innenstadt, sagt er, dort sind die Busse – viel Glück! Warum haben wir dem eigentlich so viel Geld bezahlt? Egal, die Tankstelle hat ein angeschlossenes Restaurant, da geht’s jetzt rein. Frühstücken hilft immer. Und das Telefon hat auch Hunger nach dem langen Flug. Als Petra es an den Strom steckt, bekommt sie von einem der Kunden ihre erste Warnung, die Sachen im Auge zu behalten. Jaja, Südamerika, Taschendiebe, ich weiß, denkt sie. Wir packen den Computer aus, fangen an, im Netz nach einer Unterkunft zu suchen. Um uns herum toben die Kinder auf den Koffern. Dann kommt eine Frau von der Tanke und fragt, ob uns was fehlt. „Nein.“ „Wirklich?“ „Nein nein, alles da.“ Denken wir. Kurz. Dann registrieren wir: Himmel, der orangene Rucksack ist weg! Chilenische Taschendiebe und peruanische Köche - der erste Tag in Santiago - In der Metro SantiagosDas kann doch nicht wahr sein?! Eben stand er doch noch da, war Teil der Burg, die die Kinder aus Stühlen Koffern und Taschen gebaut hatten. Aber, wie Alex später erinnert, da saß wohl auch ein Mann in der Nähe. Und der hatte ein leichtes Spiel, hat sich ganz einfach bedient. Und er hat Glück: Der teure Fotoapparat war drin mit beiden Objektiven, der kleine ebenso, ein iPhone, ein Tablet-Computer, alle Ladegeräte, alle technischen Helfer wie externer Akku, die externe Festplatte, außerdem alle Tickets, Impfausweise, unsere internationalen Führerscheine, Passbilder fürs Visum in China. Oh nein! Horror. Alptraum.

Aber auch Glück im Unglück. Immerhin haben wir noch das Telefon samt internationalem Stecker sowie das Ladekabel; wir haben unser MacBook Air, auf dem alle Daten, Ausweise und Tickets gescannt und gespeichert sind und auch sämtliche Fotos, denn Petra hatte kurz vor dem Flug noch die USA-Fotos unseres letzten Trips von der Kamera auf den Computer geladen. Außerdem haben wir noch das Portemonnaie mit allen Bank-Karten. Trotzdem, wir sind wie vor den Kopf geschlagen. Das ist doch alles nicht wahr! Du sitzt da und möchtest die Zeit zurückdrehen. Bitte. Eine Stunde nur! Alles nochmal. Aufpassen. Aber die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen.

Chilenische Taschendiebe und peruanische Köche - der erste Tag in Santiago - Blick auf SantiagoDie Kinder retten uns davor, in ein allzu tiefes Loch zu fallen. Wir müssen weitermachen, gute Miene zum bösen Spiel. Also rein ins Taxi – nun mit leichterem Gepäck – und ins Apartment Hotel, das wir dann zu guter Letzt doch noch gebucht haben. Und schlafen, schlafen, schlafen. Als wir einige Stunden später aufwachen, ist Petra froh, dass sie aus dem Alptraum, wir wären bestohlen worden, aufwacht. Schrecklich zu realisieren: „Es ist gar kein Traum, es ist die Wahrheit.“ Es fühlt sich an wie amputiert, ein ungeheuerlicher Eingriff.

Aber es hilft ja nichts. Wir müssen weiter machen. Nur wie? Wieder einmal ist Essen unsere Lösung. Nicht weit entfernt gibt es ein kleines peruanisches Restaurant, das auch Chiles berühmte Mariscos – Meeresfrüchte – offeriert. Was wir bis dahin nicht ahnen: Die peruanische Küche ist in Chile legendär.

Köstliches Seafood führt plötzlich zu Geschmacksexplosionen, irgendwie ganz unpassend. Trotz Jammertal. Dazu wird uns Deutschen leider ein seltsames Bier empfohlen, Bruder-Bräu, chilenisch, lustig. Aber ganz scheußlich in seinem Karamellgeschmack. Es ist das erste Mal, dass uns die peruanische Küche in den kulinarischen Himmel befördert – viele weitere Male werden folgen. Vielleicht ist Chile doch nicht per se böse? Elf Wochen hat das Land nun Zeit, sich zu rehabilitieren und uns zu Chile-Fans zu machen. Wir hoffen das Beste.

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Petra & Alex
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